Abstract
Die γ-TiAl-Legierungen zeichnen sich als hochtemperaturstabiles Leichtmetall aus und werden im Niederdruckbereich von Flugzeugturbinen als Schaufelmaterial verwendet. Um die Lebensdauer der aufwändig herzustellenden Schaufeln zu verlängern, wird das TLP-Löten (engl.: Transient Liquid Phase bonding) als Reparaturprozess für Risse in unkritischen Bereichen untersucht. Hierfür werden zwei verschiedene Lote miteinander verglichen (Ni- oder Fe-haltig). Die Mikrostrukturentwicklung während des TLP-Prozesses wird zeit- und ortsaufgelöst mit hochenergetischer Röntgenbeugung (HEXRD) in situ beobachtet. Diese zerstörungsfreien Messungen wurden an der vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht betriebenen „High Energy Materials Science“-Beamline an der Synchrotronstrahlungsquelle PETRA III, DESY, Hamburg, Deutschland, durchgeführt. Mithilfe der Rietveld-Analyse können erstmals die verschiedenen Phasen und deren Anteile zeit- und ortsaufgelöst bestimmt werden. Neben den kristallinen Phasen wird außerdem erfolgreich der Anteil der Schmelze verfolgt. Des Weiteren kann die kontinuierliche Änderung der chemischen Zusammensetzung anhand des c/a-Verhältnisses der Gitterparameter oder des Volumens pro Atom beobachtet werden. Es ergibt sich ein einzigartiger Einblick in den TLP-Prozess, während eine komplexe Mikrostruktur entsteht. Bei dem TLP-Prozess mit dem Ni-haltigen Lot können von Anfang an neben der Schmelze Anteile der α- und der β-Phase festgestellt werden. Im weiteren Verlauf entstehen drei Zonen parallel zum Grundmaterial. Die unterschiedlichen Änderungen in den einzelnen Zonen sind nach einem Vergleich mit dem im Gleichgewicht befindlichen ternären Al-Ni-Ti-Phasendiagramm nachvollziehbar. Da eine ternäre τ3-Phase existiert, werden durch die sich ändernde chemische Zusammensetzung verschiedene Phasenfelder durchlaufen. Im Gegensatz dazu führt das Fe-haltige Lot lediglich zu einer Zone in der Mikrostruktur mit großen β-Körnern, was anhand des Phasendiagramms auch zu erwarten ist, da keine weitere ternäre Phase existiert. Anhand des komplexen Ni-haltigen Systems wird deutlich, dass die Auswertung der in situ HEXRD Daten zwar sehr aufwändig ist, dafür aber eine einzigartige Vielfalt an Informationen liefert, die notwendig ist, um solch komplexe Systeme zu verstehen. Nun ist es mit diesem Wissen möglich, passendere Lotlegierungen anhand bekannter Phasendiagramme zu wählen und den TLP-Lötprozess zu optimieren.